Das Album der Woche: Silverchair mit Neon Ballroom

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Ein Album der Woche aus dem Hause Silverchair? Ja gibt es die Band überhaupt noch? Jaein, denn offiziell aufgelöst hat sich die Truppe nie. Und dennoch ein Album, welches wir diese Woche in den Fokus rücken wollen. „Neon Ballroom“ ist einfach zu gut, um es zu ignorieren. 

Silverchair galten als die Grunge-Nachfolger. Eine Band, die den Tod von Kurt Cobain relativieren sollten. Sofern dies überhaupt möglich war. Die Band um Sänger und Aushängeschild Daniel Johns sollten es wieder richten. Eine Last, die letztendlich zu groß war, wie man im Nachhinein feststellen musste. Johns, Bassist Chris Joannou und Drummer Ben Gillies kannten sich aus der Grundschulzeit. Im idyllischen Newcastle traf man sich dann später auch, um Rock-Musik zu machen. Der Grunge wütete, aber als Anhänger dieser Bewegung haben sich Silverchair nie bezeichnet. Vielmehr waren es Bands wie Black Flag und Minor Threat, die die Jungs in den Proberaum trieb. Man probte, man schrieb Songs und absolvierte erste Gehversuche auf den örtlichen Bühnen. 

Silverchair - Live

Silverchair sind live immer ne unfassbar tighte Band gewesen. Vielleicht kommt die Band mal wieder zurück auf die Bühnen. (c) by Getty Images

Silverchair – Oder wie Teenager zu Weltstars werden

1994 war dann quasi der Durchbruch. Ein nationaler Demo-Wettbewerb sollte die Karriere für einen kometenhaften Aufstieg legen. Der Song „Tomorrow“ gewann, man nahm das Debüt „Frogstomp“ auf und dieses wanderte über 3 Millionen mal über den Ladentisch. Gestern noch die Schulbank drückend, bereiste man nun die Welt – mit Privatlehrern und Eltern im Schlepptau. Denn im Jahre 1995 waren noch nicht alle Bandmitglieder volljährig. Vergleiche mit Nirvana kamen wieder auf und diese wollte man 1997 mit dem Album „Freakshow“ abschütteln. Dies gelang auch weitgehend, wenn man auch sagen muss, dass erst das Album „Neon Ballroom“ wohl diese Stimmen endgültig im Keim erstickte. Ein Druck baute sich rund um das Trio auf, große Festivals bespielte man und Welttourneen standen ebenfalls auf dem Programm. Rückblickend wurde die Band verheizt und Johns ausartender Lebenswandel dürfte hier begründet sein. 

Silverchair - Helfgott

Silverchair nahmen damals David Helfgott mit ins Studio. Der Pianist wurde selbst als Wunderkind bezeichnet. (c) by EMI Music

„Neon Ballroom“ war der Bruch mit dem Alten

Doch konzentrieren wir uns auf das besagte dritte Album „Neon Ballroom“, welches nun auf blauem Vinyl erscheint. Ein Album, welches ein knallharter Cut mit dem war, was die Band bisher von sich hören ließ. Alleine der Opener „Emotion Sickness“ mit seinen orchestralen Auswüchsen demonstrierte dies. Für besagten Song lud man sich David Helfgott ins Studio ein. Ein australischer Pianist, welcher ähnlich wie Daniel Johns in sehr jungen Jahren als „Wunderkind“ bezeichnet wurde. Helfgott spielte nicht nur das Klavier beim Opener, nein, er unterstützte auch das Trio bei der Ausarbeitung der Songs. Denn der Erwartungsdruck war ungebrochen und Johns rutsche in dieser Zeit auch immer mehr in psychisches Tal, welches durch seine Essstörungen sicherlich nicht abgewendet wurde. „Neon Ballroom“ sollte schocken und gleichzeitig die Band auf ein bis dato nicht vorhandenes Level heben. Ohne jeden Zweifel ein erhabenes und großartiges Album. 

Silverchair - Vinyl

Geil oder geil? Ein Album, welches man sich als Freund der Band zulegen sollte.

„Anthem For The Year 2000“ sollte sich zu der Hymne entwickeln, die den bevorstehenden Jahrtausendwechsel musikalisch begleitete. „Ana’s Song (Open Fire)“ insbesondere die Damenwelt beglücken, während „Spawn (Again)“ die Gräueltaten an Tieren und den daraus resultierenden Veganismus von Johns thematisierte. Doch das dritte Album fuhr abseits der Radiosongs noch andere Geschütze auf. „Miss You Love“ als melancholische Liebeserklärung, welche unerwidert blieb und gegen Ende eine energische Fahrt aufnimmt, soll nur ein Beispiel sein. Mit „Black Tangled Heart“ veröffentlichte man einen Song, der hinsichtlich seiner Orchestrierung und Intensität dem Opener „Emotion Sickness“ ähnlich erschien. „Satin Sheets“ strotzte vor mit einer herrlichen Rohheit, welche eindeutig dem Punk zuzuschreiben ist. „Paint Pastel Princess“ spielte wieder die Genialität des Trios aus. Komplexe Strukturen, dichte Instrumentalisierung und der orchestrale Aufbau, sorgten für Gänsehaut. 

DanielJohns

Daniel Johns galt als musikalisches Wunderkind. Keine Frage, ein musikalisches Genie ist er heute noch. (c) by Peter Kupfer Photography

Neon Ballroom als kreativer Befreiungsschlag

Silverchair zeigten Kritikern ebenso wie alten Fans den Mittelfinger mit „Neon Ballroom“. Erwartungen zerschmetterte die Band kurzerhand, um daraus dann eine völlig neue Fanbase aufzubauen. Man zeigte den alten Fans, dass sich die Band nicht vor den Karren spannen ließ. Vielmehr noch: Man holte sich die kreativen Freiräume, welche bis dato nicht bei Silverchair zu finden waren. Auch musste man der Band attestieren, dass aus den Teenagern erwachsene Männer wurden, die sich und ihre Musik neu definierten. Und dennoch bleibt zu sagen, dass Silverchair mit „Neon Ballroom“ wohl ihr wichtigstes Album geschrieben haben. Unser Album der Woche und jetzt bei uns auf Vinyl!

Kategorien: Reviews Peter

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