Das Album der Woche: Raised Fist mit Anthems

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Raised Fist sind im Bereich Hardcore zweifelsohne eine Institution. Mit ihrem neuen Album „Anthems“ schlagen sie aber auch neue Wege ein. Mit einer bestechenden Eingängigkeit und unter Berücksichtigung ihrer Trademarks sind sie stärker denn je. Ein Grund, das Albun zu beleuchten und mit Sänger Alexander Hagman zu sprechen. Unser Album der Woche bei EMP.

Raised Fist melden sich endlich wieder zurück. Bereits 2015 veröffentlichte man „From North“, absolvierte Konzerte und verschwand dann irgendwie wieder in die schwedische Heimat. Nun vier Jahre später meldet man sich mit einem neuen Album zurück und bereits die erste Vorab-Single „Anthem“ sorgt für Furore. Unfassbar eingängig und mit einem Text, den Frontmann Alexander Hagman, Spitzname Alle, genauer erklären muss. „Letztendlich ist der Text sekundär und entstand super spontan. Man muss darin nun auch keinen tieferen Sinn suchen, denn letztendlich wollten wir eine fette Single abliefern, die Bock auf mehr macht“, gibt er grinsend am Telefon zu. 

Mit „Anthem“ hat die Band den perfekten Opener

Doch Passagen wie „burning up in the studio to make this play, out of the dark with a brand new flow“ könnte man auch als Höhenflug der sympathischen Schweden verstehen. Selbst Arroganz konnte man vermuten, denn wirklich redselig sind die Herren wahrlich nicht. „Da gebe ich dir recht, aber letztendlich sollte der Text nur einen gewissen Hip Hop-Vibe versprühen. Der Song knallt schon derart, dass ich ihn nur fertig bekommen wollte. Uns uns nun auf dieses textlichen Schnellschuss zu reduzieren, wäre falsch. Und um die Sache mit dem Hip Hop zu erklären: Schau dir Texte im Hip Hop Bereich an. Oft ergeben sie keinen Sinn und ordnen sich dem Flow des Songs unter.“ Alle zählt aus dem Stehgreif unzählige Hip Hop Künstler auf, deren Texte man hinsichtlich lyrischen Ergüssen ebenfalls nicht analysieren sollte. „Der Song soll Bock auf mehr machen und die Leute auf Betriebstemperatur bringen“. Dem ist nichts hinzufügen und der Vorschlag „Anthem“ als Opener für die anstehenden Shows zu verwenden wird mit einem „Well, maybe“ quittiert. 

Raised Fist - Live2

Alle Hagman ist das, was man einen charismatischen und intensiven Fronter nennt. (c) by Peter Kupfer Photography

Der Aussage bei „Anthem“, dass sich Raised Fist mit einem neuen „Flow“ zurückmelden, muss man aber uneingeschränkt zustimmen. Unfassbar fett und breitbeinig ist die Produktion, was beim Shouter direkt eine Tür öffnet. Aus dem wortkargen Mann sprudelt es geradezu heraus. „Dieses Album war ein verdammt schweres Unterfangen. Wir haben uns sehr lange mit dem Sound auseinander gesetzt und wollten, dass jedes Instrument und auch meine Stimme in einer gewissen Harmonie vorzufinden sind.“ Gerade die markante und einzigartige Stimme von Hagman wird immer als Aushängeschild der Hardcore-Band herangezogen. „In der Vergangenheit hatte unsere Musik immer einen Metal-affinen Einschlag und dies zeigte sich auch bei der Produktion ebenfalls. Ich will mich keinesfalls beklagen, aber bei ‚Anthems‘ hatten wir eine andere Herangehensweise. Dies zog sich vom Songwriting, über die Art und Weise, wie ein Song klingen sollte, bis hin zur Produktion durch“. 

Raised Fist hat schnell Material für „Anthems“

Raised Fist haben sich schnell in der glücklichen Situation befunden, dass ein grober Rahmen für das achte Album der Band stand. Dies betraf sowohl einen gewissen Drang auf Melodien zu setzen, aber eben auch die Art und Weise wie sich jedes Mitglied auf dem Album wiederfinden sollte. Beispielsweise beteuert Alle, was schon im Pressetext angesprochen wurde. Gesang und Schlagzeug sollen gleichberechtigt vertreten sein und kein Instrument soll sich hinter den Gesang einordnen – oder umgekehrt. Und während des Songwritings geschah dennoch das, wovon so viele Bands sprechen. „Da hatten wir Material für rund 10 Songs und dennoch kamen immer wieder neue Facetten zum Vorschein, die eben die bisherigen Songs übertrafen. Uns war wichtig, dass wir die Tür für später hinzugekommene Songs immer offen behielten.“ „Anthems“ besticht aber auch durch die Tatsache, dass die Songs immer mit unfassbar tighten Hooks und jeder Menge Eingängigkeit bestechen. 

Die Band nahm sich Zeit

Raised Fist nahmen sich Zeit, füllten Songs mit Melodien und Facetten, behielten sich aber vor, gewisse simple Elemente zu verwenden. So basiert beispielsweise der Song „Unsinkable II“ auf dem Konstrukt, wie „Unsinkable“ auf dem Vorgänger „From The North“. Auch sei der Anspruch gewesen, ein Rock-Album zu schreiben, welches sich eben gut anfühlt, nicht mit Komplexität den Hörer erschlägt und dabei immer noch nach Raised Fist klingt. So geizt „We Are Here“ nicht mit schmissigen Riffs, „Polarized“ nicht mit Groove und „Into This World“ mit einem herrlichen Sing-A-Long-Part! „Murder“ klopft die Schwedisch-Kenntnisse der Hörer ab („för det här är bra och ingen jävla skit“), während „Venomous“ ein beherztes „pusi kurac“ auffährt, was in eine Hommage an die Vorfahren des Sänger ist. Und über all dem steht eine unfassbar tight, stimmige und ehrliche Zugänglichkeit, die einem bereits beim ersten Durchlauf von „Anthems“ entgegenkommt. 

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Die Band hat einen neuen Drummer und ist gestärkt zurück. Demnächst auch in Deutschland auf Tour. Hingehen! (c) By Daniel Holmgren

Wenn man sich auf die elementare Dinge besinnt

„Man kann Songs noch so raffiniert schreiben und jede Menge Technik darin unterbringen. Wir wollen jedoch mit unserer Musik etwas transportieren“. Hagman holt aus, thematisiert gewisse Dinge, die sich heutzutage in der Weltgeschichte zutragen und auch ihm aufs Gemüt schlagen. „Per se bin ich ein sehr negativer Mensch“, gibt er sogar zu. „Darum soll es nicht immer gehen, denn Musik soll den Menschen da draussen auch ein gewisse Unbeschwertheit geben. Unsere Shows sollen die Leute auch mal abschalten lassen“, schiebt er hinterher. Und dies, obwohl lyrisch gewisse Dinge thematisiert werden, die eben doch die Stimmung der Bandmitglieder beeinflusst. „Sicher, wir können uns nicht komplett von solchen Dingen freimachen, versuchen es aber auch das Wesentliche zu reduzieren, wenn es um Texte und die Shows geht“. Raised Fist transportieren, erheben aber nicht den Zeigefinger und geben sich minutenlangen Monologen auf Shows zu gewissen Themen hin. „Das überlassen wir anderen Bands und auf diesem Album sollte dies auch nicht der Fokus sein“. 

Raised Fist - Artwork

DIY auf ganzer Linie: Video, Bandfoto oder wie hier das Artwork, die band macht Alles in Eigenregie.

Album der Woche: „Anthems“ von Raised Fist

Raised Fist spielen erneut mit ihren Trademarks. Aber vielmehr noch jeder Menge Neuerungen auf ein Album zu packen. Kurzum: Es muss als bestes in der Bandgeschichte gelten. Sei es die Tatsache, dass Alle mit seiner Stimme mehr arbeitet als bisher. Er selbst spricht von 8 Stimmlagen. Oder der Umstand, dass jeder Song ein Hitpotential auffährt und sich direkt in den Gehörgang bohrt. Mit jeder Menge Wortwitz schaffen es Raised Fist dennoch eine tiefgründigere Message zu transportieren. Diese ist aber zu keinem Zeitpunkt dem Hörer den Spaß verderben. Vielmehr kann dieser vom ersten bis zum letzten Ton die Faust in die Höhe strecken, mitsingen, Spaß haben und für einen kurzen Moment das Drumherum vergessen. Unser Album der Woche bei EMP! 

Kategorien: musik Peter

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