Der Papa im Interview: Christoph Maria Herbst über STROMBERG

Stromberg Interview

Na dann, ihr "Stromberg"-Fans da draußen: Hier kommt mein Interview mit Christoph Maria Herbst, der mir anlässlich des DVD-Starts des "Stromberg"-Ausstands "Stromberg - Der Film" Rede und Antwort stand zum Kinofilm und seiner Rolle generell, die er seit 2004 in fünf grandiosen Staffeln so unglaublich genial verkörpert hat. Hier könnt ihr noch mal das Review zum Film lesen, den natürlich jeder echte Stromberg-Fan gleich neben der kompletten Serien-Sammlung im Regal stehen haben muss. Aber erst mal brav das Interview lesen, das mich tatsächlich ziemlich amüsiert hat - selten hatte ich einen derart angenehmen und aufmerksamen Gesprächspartner (am Telefon). Danke dafür, Herr Herbst! Und danke für "Stromberg".

"Das war schon sozial unverträglich, wie ich während der Drehzeit mit Haarkranz und Kinderschänderbart durch die Straßen gelaufen bin."

Hallo, Herr Herbst.
Ich grüße Sie.
Wie viele Interviews haben Sie in den letzten zehn Jahren zu Stromberg gegeben?
Ich habe das nie mitgezählt, aber was hohes Dreistelliges wird da schon zusammenkommen.
Das hat ja vermutlich bald ein Ende.
Ja, deswegen genieße ich dieses Gespräch mit Ihnen gerade besonders.
Ich hoffe, da war keine Ironie enthalten!
Überhaupt nicht. Wenn Sie mich jetzt hier sitzen sehen könnten, sähen Sie, dass meine Nase nicht wächst, während ich das sage. Wobei... ahhh... stimmt nicht ganz.
Und die beliebteste Frage in all diesen Interviews war vermutlich: „Wie viel Stromberg steckt in Ihnen?“
So ist es. Das hat mich Johannes B. Kerner, als es „Kerner“ noch gab, damals auch gefragt. Und wie war meine Antwort? Jetzt sind Sie dran!
… öhhh... so schnell kann ich das nicht bei Google eingeben. „15 Prozent“?
Meine Antwort auf die Frage „Wie viel Stromberg steckt in Ihnen?“ war: „Den würde ich gar nicht reinlassen.“ Genial, oder? Das sind so Antworten, wo ich mich immer wieder gerne zitiere. Da sind dann Ihre Kolleginnen und Kollegen auch immer selber schuld. Wenn denen keine anderen Fragen einfallen, fallen mir natürlich auch keine anderen Antworten ein. Ich habe das dann irgendwann glaube ich noch mal ein wenig verbessert, indem ich gesagt habe, dass der Stromberg in mir nur in homöopathischen Dosen, also biochemisch gar nicht beweisbar vorhanden ist. Und dass das sicherlich auch nötig ist, um so eine Figur zu spielen.
Stromberg Interview

Stromberg und Ernie suchen das ranzige Landhotel (© Brainpool)

Dennoch: Vermisst man nach all den Jahren diesen garstigen Kauz nicht ein wenig, der einem doch ein wenig ans Herz gewachsen sein muss?
Da ist ein bisschen was dran, aber genau dafür haben wir ja jetzt die DVD auf den Markt geschmissen, man kann sich diesen garstigen Klotz jetzt jederzeit zu Hause in die Sitzgruppe holen. Das werde ich auch machen: Wenn ich das Gefühl habe, ich vergehe vor Sehnsucht, denn gucke ich mir mein „altes Ego“, wie Stromberg sagen würde, einfach noch mal aufm Plasma an und erinnere mich daran, wie schön es damals doch war.
Genießen Sie es vielleicht auch ein bisschen, dass Sie nun langsam frei werden von dieser Figur, die ja auch sehr vereinnahmend war?
Das wird glaube ich noch einige Zeit dauern, bis die Menschen Darsteller und Darzustellenden nicht mehr verwechseln. Da wird noch einiges Wasser den Rhein runterlaufen müssen, bis ich nicht mehr gegen die Windmühlenflügel ankämpfen muss, nach dem Motto „Leute, ich tu doch gar nichts, ich will nur spielen. Ich bin eigentlich ganz anders“ und so weiter. Das ist aber nun mal ein ungeschriebenes Gesetz von einer Serie und dann auch noch bei so einer prägnanten Figur – da liegen Fluch und Segen einfach sehr eng beieinander. Aber ich war nie im Unfrieden damit, im Gegenteil: Worüber soll ich mich beschweren? Über eine Prägnanz, die ich einer solchen Figur verliehen habe? Das kann ja wohl nicht sein und das wäre unglaublich larmoyant und auch undankbar. Stromberg hat mich reich und hässlich gemacht, und dazu stehe ich. (Lacht)
Hässlich jetzt innerlich oder äußerlich?
Äußerlich. Wenn Sie jetzt fragen, ob mir das fehlen wird und wie es sich anfühlte, das zu spielen und so weiter: Also das ist schon sozial unverträglich gewesen, wie ich in so einer dreimonatigen Drehzeit, die wir für eine Staffel brauchten, mit so einem Haarkranz und einem Kinderschänderbart durch die Straßen gelaufen bin. Da habe ich mich schon dabei ertappt, wie ich den Schirm meiner Baseballmütze doch mal ein bisschen tiefer ins Gesicht ziehe, wenn ich beim Rewe an der Kasse stehe und meinen Frühlingsquark kaufe. Aber normalerweise laufe ich ja so nicht rum, ich sehe privat eigentlich aus wie Heiner Lauterbach in schön – die Leute erkennen mich auch nicht, die lassen mich in Ruhe auf der Straße.
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Vor Ort geht's dann richtig rund (© Brainpool)

Der Erfolg des Films hat ja gezeigt, wie viel Potenzial das Thema immer noch hat. Ich fand es dabei irgendwie erschreckend, dass ein Film, der so eine Fanbase hat, via Crowdinvesting finanziert werden muss, während gefühlt eine alberne und unbedeutende deutsche Komödie nach der anderen ins Kino kommt. Wie sehen Sie das?
Das mit den albernen deutschen Komödien haben Sie jetzt gesagt. Aber das könnte auch ein Zitat von mir sein. Aber es ist doch eigentlich ein Geschenk, den Fan mit an die Hand zu nehmen und ihm das zu geben, wofür er uns Geld gibt. Ich glaube schon, dass wir es irgendwie auch geschafft hätten, auf anderem Wege an diese Million zu kommen, die wir noch brauchten. Aber das wäre dann irgendwie nicht mehr wirklich Stromberg gewesen. Viele Köche verderben den Brei und wir wollen Stromberg so machen, wie wir eben können und wie wir es immer gemacht haben. Und wenn wir da noch mehr Fremdgelder als jetzt schon mit in den Topf reinholen, dann will natürlich jeder, der die Kapelle bezahlt, auch bestimmen, was für Musik sie spielt. Das wollten wir eigentlich vermeiden, deshalb war die best-denkbare Idee, den Fan mit einzubinden, weil der weiß, dass diese 1 mit diesen ganz vielen Nullen bei uns sehr gut aufgehoben war. Und das war natürlich eine Million, die mir dann sofort überwiesen wurde, denn sonst hätte ich für diesen Kinofilm ja gar nicht zur Verfügung gestanden.
Ich habe gerade noch mal ein wenig in Ihrer Vita gestöbert und musste mit Schrecken feststellen, dass Sie ja fast selbst mal als Bankangestellter in einem Schlipsträgerjob gelandet wären.
Sogar bin – ich habe das drei Jahre lang durchgezogen. Und mit schweren Medikamenten habe ich mich dann wieder aufs richtige Gleis gesetzt, und jetzt telefonieren wir miteinander.
Hätten Sie es denn überhaupt in einem Bürojob wie in der Capitol oder auch in einer Bank ausgehalten oder hätte bzw. hat Sie das in den Wahnsinn getrieben?
Nee, dafür war die Zeit dann Gott sei Dank doch zu kurz. Ich wusste während dieser Lehrzeit auch schon, dass das nicht alles gewesen sein kann und ich eigentlich dann doch noch das probieren möchte, was ich vor der Lehrzeit schon gewollt hätte, nämlich zu versuchen meinen Traum wahr werden zu lassen, mich als Schauspieler zu versuchen. Ja, wenn ich jetzt noch bei der Bank wäre.. weiß ich nicht... dann gäb's mich jetzt glaube ich in vier Teilen oder mit blutenden Magengeschwüren. Es gibt ja kaum eine Branche, wo mehr Köpfe gerollt sind als dort – zu Recht. Wir leben da schon in einer unfassbar schnellen Zeit. Meine Eltern haben damals nach meinem Abi zu mir gesagt „Junge, mach doch was Vernünftiges, mach doch erst mal 'ne Banklehre“ – ein Satz, der über deren Lippen heute so auch nicht mehr käme. Wer hätte gedacht, dass der Beruf des Schauspielers noch mal der vernünftigere Beruf wäre, als alte Damen am Schalter über den Tisch zu ziehen und denen einen Sparvertrag mit Versicherungsschutz über 15 Jahre zu verkaufen, obwohl sie schon 80 sind. Da habe ich in der Bank Dinge erlebt, wo ich wirklich sagen muss: Mit Stromberg tragen wir da noch dünn auf.
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TypischCapitol: Massenschlägerei am Frühstücksbuffet (© Brainpool)

Vielleicht sollte man darüber besser den Mantel des Schweigens breiten.
Ich lüfte diesen Mantel sehr gerne nur im Gespräch mit Ihnen gerade. Ich erzähle das auch niemand anderem, Herr Foitzik.
Ich auch nicht.
Gut, dann bleibt's ja wirklich unter uns, dann können wir jetzt ja auch zum privaten Teil des Gesprächs übergehen – was machen Sie denn heute Abend?
Heute Abend? Am Rechner sitzen und arbeiten.
Ach, hätte ich doch nicht gefragt! Jetzt ist mein Tag auch im Arsch.
Das tut mir leid, den wollte ich Ihnen nicht verderben. Aber das hier ist ja auch schon Arbeit gerade.
Ach so ist das – das ist ja nun auch ein Stück uncharmant. Ich dachte, dass da was hätte gehen können zwischen uns, aber wenn das für Sie nur Arbeit ist, Herr Foitzik, bitte. Ich sehe gerade auch auf die Uhr, Mensch, wir haben schon 20 vor zwei. Ihre letzten 15 Fragen vielleicht noch.
Ich hab eigentlich nur noch eine: Wie viel Stromberg steckt in Ihnen?
Den lasse ich gar nicht rein. Aber das ist 'ne super Frage, die hat mir so noch keiner gestellt.
Da bin ich aber froh. Vielen Dank für das Interview, Herr Herbst!

Hier noch mal der Trailer zu "Stromberg - Der Film":

Stromberg - Cover

Kategorien: Ben

Tags: Christoph Maria Herbst MOVIE & GAMES Stromberg | permalink

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